Elche sind robust, anpassungsfähig und überaus mobil. Auf der Suche nach neuen Lebensräumen kommen sie immer häufiger nach Deutschland.
Die Römer glaubten, man könne einen Elch fangen, indem man einfach den Baum ansägt, an den sich das Tier zu lehnen pflegt. Dann würden Baum und Elch umfallen und man könne den großen Hirsch einfach aufsammeln. Ganz so einfach ist es nicht, einen Elch zu fangen. Das weiß auch Diplombiologe Michael Striese, der im Biosphärenreservat Oberlausitzer Teich- und Heidelandschaft rund ein Dutzend Elche betreut. Diese werden als Landschaftspfleger eingesetzt.
„Elche sind optimal für das sumpfige Gelände geeignet und kommen besser damit zurecht als etwa Ziegen“, begründet Striese die ungewöhnliche Wahl. „Zudem fressen sie lieber Gehölze als Bodenvegetation. Durch ihre Größe und Kraft können Elche Jungbäume abbrechen oder umbiegen und so bis in eine Höhe von vier bis fünf Metern kahlfressen. Dadurch halten sie die Landschaft effektiv offen.“
Elche in Deutschland: Keine Exoten, sondern späte Heimkehrer
Striese sieht im Elch keinen Exoten, sondern einen späten Heimkehrer, immerhin waren die großen Hirsche bis ins Mittelalter Teil der mitteleuropäischen Fauna und auch in Germanien verbreitet. So wird etwa im Nibelungenlied von einer Elchjagd Siegfrieds im Odenwald berichtet. 1746 soll der vorerst letzte deutsche Elch in Sachsen erlegt worden sein.
Bis ins 20. Jahrhundert gab es immer wieder Ansiedlungsversuche, die aber alle fehlschlugen. Jetzt kommt der Elch von alleine zurück. „Seit den Sechzigern werden immer wieder Elche in Deutschland beobachtet“, so Striese. „Momentan sind das überwiegend Wandertiere, aber wenn sie geeignete Lebensräume vorfinden, werden Elche sicher auch hierzulande wieder zu Dauerbewohnern. Eine kleine Gruppe von etwa acht Tieren lebt bereits seit rund zwei Jahren in Brandenburg; ob sich dieser Bestand etabliert, wird sich zeigen.“
Auch Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern bekommen immer wieder Besuch von Elchen. 2007 wurde der Elch zum „Tier des Jahres“ gewählt, und als hätte er es gewusst, tauchte er ausgerechnet in diesem Jahr vermehrt auf. 2007 wurden in Bayern über zwanzigmal Elche oder eindeutige Anzeichen für ihre Anwesenheit gemeldet. Ob tatsächlich mehr Elche einwanderten, oder ob Spaziergänger durch Presseberichte einfach aufmerksamer waren, darüber lässt sich nur spekulieren.
Trotz ihrer Größe werden Elche leicht übersehen
Wilde Elche sind relativ scheu. Sie sind sehr mobil und bewegen sich oft nachts fort. Das macht es schwer, Hinweise auf Elche zu verfolgen und tatsächlich ein Tier aufzustöbern. Zudem hören Elche sehr gut und können sich überraschend leise bewegen. Mitunter haben sie sich längst davongeschlichen, bevor ein Wanderer sie überhaupt zu Gesicht bekommt. „Durch ihre graubraune Farbe sind Elche im Unterholz optimal getarnt“, ergänzt Michael Striese, der seine Schützlinge schon oft genug gesucht und trotz Sendern erst nach Stunden gefunden hat. „Trotz ihrer beachtlichen Größe von bis zu zwei Metern Schulterhöhe und drei Metern Länge übersieht man einen reglos im Wald stehenden Elch leicht.“
Wie viele Elche tatsächlich in Deutschland unterwegs sind, weiß also keiner so genau. Nur, dass es offenbar mehr werden. Bayern hat auf die verstärkte Zuwanderung reagiert und als erstes Bundesland einen „Elchplan“ erstellt, in dem Strategien zum Umgang mit wandernden Elchen dargelegt werden. „Wir planen keine Ansiedlung von Elchen“, stellt Erik Imm, Naturschutzreferent des Bayrischen Jagdverbands, klar. „Aber wir möchten vorbereitet sein, wenn sie sich tatsächlich niederlassen.“
Elche sind große Sympathieträger
Denn die Einwanderung des großen Schalenwilds ist nicht gänzlich unproblematisch. Die Größe des Elchs bedingt ein hohes Potential für Verbissschäden und schwere Unfälle auf unserem dichten Straßennetz. Deutsche Wildzäune halten einen Elch nicht auf. Mit seiner Körpermasse ist es ihm ein Leichtes, einen für Rehwild ausgelegten Zaun einfach niederzudrücken. Zudem können die großen Hirsche Hindernisse bis knapp zwei Meter Höhe aus dem Stand überspringen.
Elche sind nicht nur größer und kräftiger als das hiesige Rehwild, sie verhalten sich auch anders. „Ein Elch hat wenig natürliche Feinde und legt kein überstürztes Fluchtverhalten an den Tag. Zuerst sieht er sich an, ob ihn das, was sich nähert, überhaupt etwas angeht“, erklärt Michael Striese, warum Elche mitunter mitten auf der Straße stehenbleiben.
Noch sind Unfälle mit Elchen selten, denn noch ist der große Hirsch mit dem Schaufelgeweih nur ein Wandergast in Deutschland. „Elche sind große Sympathieträger und werden sehr positiv wahrgenommen“, meint Michael Striese. Das zeigt auch die Anteilnahme, mit der das Schicksal des jungen Elchbullen „Knutschi“, der 2009 bis nach Hessen wanderte, in der Öffentlichkeit verfolgt wurde. Obwohl Knutschi letztendlich umkam, sieht Striese in Deutschland gute Chancen für Elche, besonders in dünn besiedelten und strukturschwachen Regionen. Ob Deutschland den „Elchtest“ besteht, werden am Ende aber die Elche selbst entscheiden.
Persönliche Empfehlung: Ein eigener Elch? Klar – habe ich seit Jahren! Er heißt Gottfried und ist ein treuer Elch-Begleiter aus Plüsch.