Wie man einen Elch fängt, weshalb die schwedische Elch-Armee ein Flop war und warum junge Elchbullen echte Spießer sind.
Gutscheine sind prima. Ein Stift, ein Zettel, eine gehörige Portion Fantasie, schon ist das originelle Geschenk fertig, und der großzügig Beschenkte steht vor der Frage, was er eigentlich mit einer nicht erschlossenen Schrebergartenparzelle auf dem Mars anfangen soll.
Der Elch fällt um, wenn man seinen Schlafbaum ansägt
Oder mit einem Elch. Nicht mit einem knuddeligen Plüschelch aus der Spielzeugabteilung, sondern mit einem echten, schwedischen Elchkalb, das es selbst einzufangen gilt. Lebend. Joachim Mader aus Neu-Anspach hat so einen Gutschein und brütet schon so lange über der Frage, wie er „sein“ Elchkalb einfangen soll, dass dieses längst in Ehren ergraut ist.
Die Römer hätten ihm geraten, es wie seine germanischen Vorfahren zu machen und einfach einen Baum anzusägen. Denn Elche, so die Theorie, hätten keine Beingelenke und könnten sich deswegen nicht hinlegen, geschweige denn wieder aufstehen. Zum Schlafen lehnten sie sich an ihren Lieblingsbaum, und wenn sie nachts samt angesägtem Baum umfielen, ließen sie sich morgens einsammeln wie Fallobst. Vermutlich lachten sich die Germanen kaputt, als selbst namhafte römische Geschichtsschreiber wie Plinius und Tacitus das Jägerlatein ohne weiteres schluckten.
Scheiterte die Elch-Armee am guten Gehör der Hirsche?
Um den Elch ranken sich noch viele andere Geschichten. Etwa die von der schwedischen Kavallerie, die um 1700 versucht haben soll, Elche als Reittiere und Schlachtrösser auszubilden. Das Experiment floppte – angeblich, weil Elche mit ihrem empfindlichen Gehör den Lärm von Kampfhandlungen nicht ertrugen, und beim ersten Schuss das Weite suchten.
Historisch eindeutig belegt ist die Elch-Armee nicht – vermutlich entspringt sie ebenso dem Reich der Mythen und Märchen, wie die angeblichen Elch-Schlittenfahrten des schwedischen Königs Karl XI. oder dessen Elch-Post.
Dabei sind Elche intelligent und lassen sich bis zu einem gewissen Grad durchaus zähmen und ausbilden. Mit viel Geduld, starken Nerven und der richtigen Ausrüstung können sie auch als Zug- und sogar Reittiere eingesetzt werden. Wirklich geeignet sind sie dafür aber nicht: Die schmale Brust und die ungünstig angeordneten Knochenhebel weisen Elche mit ihrer Anatomie nicht als prädestinierte Zugtiere aus – der Rücken ist zum Reiten auch nicht wirklich geeignet.
Weil Elche besonders in sumpfigem und schwer zugänglichem Gelände gut zurechtkommen, werden sie in einigen Gegenden Sibiriens dennoch immer wieder Versuche unternommen, Elche als Arbeitstiere einzusetzen. Die Zähmung und Haltung von Elchen ist und bleibt aber schwierig – den Tieren fehlt der Herdeninstinkt fast völlig, sie haben einen enormen Futterbedarf, und Zäune nehmen sie auch nicht wirklich ernst.
Peter Krott und der Versuch, Elche als Zugtiere zu nutzen
Anfang der 1950er Jahre unternahm Peter Krott den gut dokumentierten Versuch, zwei Elche als Zugtiere zu nutzen. Obwohl er die Tiere vor den Schlitten spannen konnte, war er mit dem Ergebnis nie recht zufrieden: Die Elche legten alle naslang eine Äsepause im Stehen ein, oder legten sich zum Wiederkäuen hin. Dann waren sie nicht weiterzubewegen. Vor dem Schlitten liefen sie nur, wenn ihnen jemand voranging. Richtig zügelführig wurden sie nie.
So ungern sie ziehen wollten, so mühelos sprangen sie: Regelmäßig setzten sie über ein Meter hohe Zäune oder zwei Meter breite Bäche und zogen den Schlitten einfach mit. Ein weiteres Problem war die Ausrüstung: Egal, wie oft Krott diese umbaute, polsterte und optimierte – das Problem mit Druckstellen bekam er nie richtig in den Griff. Trotz all dieser Schwierigkeiten v ersuchte er es weiter.
„Obwohl ich nun bereits von der Untauglichkeit der Elche als Zugtier überzeugt war, ließ ich dennoch, ohne mir viel davon zu versprechen, die Tiere auf großen Plätzen in den Sätdten Lahtiy, Jyväskylä und Tammerfors sowie in drei größeren Ortschaften schaulaufen“, schreibt er und zieht ein ernüchterndes Fazit: „Die Vorführungen verliefen kläglich.“ Nach gut zwei Jahren gab Krott den Versuch auf. Seine beiden Elchbullen Jussi und Magnus gab er an Zoos in Hamburg und Dänemark ab.
Spießer und Schaufler: Die „Geweihten“ aus dem Norden
Elche sind die größten Hirsche der Welt, es gibt neun Unterarten, die alle einer Art angehören (Alces alces). Der imposanteste Vertreter ist der Alaska-Elch (Alces alces gigas). Als im Jahr 1897 die erste Begegnung mit diesem Riesen dokumentiert wurde, war die Welt sprachlos: Der Elchbulle hatte eine Schulterhöhe von 2,34 Meter, wog 816 Kilo und schleppte ein Geweih mit einer Spannweite von 1,99 Meter mit sich herum. Ein Geweih dieser Spannweite wiegt bis zu vierzig Kilo. Das Elchgeweih wächst täglich bis zu zweieinhalb Zentimeter und ist damit das am schnellsten wachsende bekannte Knochengewebe.
Nicht alle Elche bilden das typische Schaufelgeweih aus. Je dichter der Wald, in dem sie leben, desto bescheidener fällt das Geweih aus. „Einerseits sind die großen Schaufeln unpraktisch, andererseits nutzt es nicht viel, mit einem mächtigen Geweih zu protzen, wenn einen im dichten Gehölz ohnehin keiner sieht“, erklärt Diplombiologe Michael Striese, der im Biosphärenreservat Oberlausitzer Teich- und Heidelandschaft rund ein Dutzend Elche betreut.
Mitteleuropäische Elche begnügen sich meist mit einem Stangengeweih oder mit schmalen Schaufeln. Das Geweih verändert sich im Lauf des Lebens stark. Im zweiten Lebensjahr entwickeln Elchbullen kleine, ungegabelte Spieße, was ihnen auch den Namen „Spießer“ einbrachte. Seine größten Ausmaße erreicht das Elchgeweih zur Zeit der vollen physischen Entwicklung des Bullen (zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr). Danach wird das Geweih wieder kleiner. Die Altersbestimmung eines Elchs anhand der Geweihenden ist wegen dieser Entwicklung nicht möglich.
Elche kommen nach Deutschland zurück
Elche sind nicht bedroht, allein in Schweden leben geschätzte drei- bis vierhunderttausend Exemplare. Die großen Hirsche leben in nahezu allen nördlichen Waldgebieten Asiens, Amerikas und Europas, gern auch im Sumpf. Elche fressen Blattwerk und Grünzeug jeder Art. Wenn sie die Wahl haben, bevorzugen sie Gehölze. Außerdem lieben sie Äpfel und haben keine Hemmungen, Obstgärten restlos zu plündern. Sind die Früchte bereits angefault, können sie im Magen vergären. Dann torkeln die Elche besoffen über die Straßen.
Bekannt ist auch die Geschichte des dänischen Astronomen Tycho Brahe, der sich einen zahmen Elch als Haustier hielt. Bei einem Fest wurde dieser Elch vom vielen Bier so berauscht, dass er eine Treppe hinunterfiel, sich ein Bein brach und trotz bester Pflege einging.
Auf der Suche nach neuen Lebensräumen legen Elche enorme Strecken zurück. Seit den Sechzigerjahren wandern die riesigen Hirsche immer wieder auch nach Deutschland ein; die meisten kommen aus Polen, einige auch aus Tschechien. Ob Elche in Deutschland wieder heimisch werden können ist noch nicht klar; Experten wie Michael Striese sehen aber gute Chancen für den Elch.
Persönliche Empfehlung: Ein eigener Elch? Klar – habe ich seit Jahren! Er heißt Gottfried und ist ein treuer Elch-Begleiter aus Plüsch.