Schillernd schön schweben Seifenblasen schwerelos gen Himmel. Die vergänglichen Kugeln wurden schon mehrmals erfunden, bevor sie 1944 erfunden wurden.
Achtzig Jahre lang beobachtete der römische Universalgelehrte Marcus Terentius Varro seine Mitbürger, bevor er ein wenig erbauliches Urteil fällte: „Homo bulla“, Menschen sind wie Seifenblasen.
„Vergänglich“, so interpretierten seine Zeitgenossen das Zitat. „Außen schillernd, innen hohl und ungemein empfindlich“, so interpretiert es der Zyniker des 21. Jahrhunderts.
Die vergängliche Seifenblase ist immerhin fünftausend Jahre alt
Vor etwa fünftausend Jahren fanden die Sumerer heraus, wie man Seife siedet. Aus Pflanzenasche, Ziegentalg und Wasser kochten sie eine schmierige Brühe, die wahrscheinlich schauderlich stank, dafür aber hübsche bunte Blasen warf. Ohne es zu wollen, erfanden sie die Seifenblase – als Erste, aber nicht als Einzige, denn auch in Ägypten und im Alten Rom wurden Seifenblasen gepustet.
Die farbigen Kugeln faszinieren nicht nur Kinder. Der Universalgelehrte Leonardo da Vinci (1452 – 1519) erforschte an Seifenblasen die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten, Naturwissenschaftler Isaac Newton (1643 – 1727) beschäftigte sich mit der Entstehung der schillernden Farben und moderne Architekten ließen sich beim Bau des Münchner Olympiastadions bei der Berechnung der Dachflächen von Seifenhäuten helfen – diese finden nämlich immer die stabilste, kleinste Fläche.
Philosophen sahen in der Seifenblase ein Symbol für die Kurzlebigkeit des Schönen, Maler stellten damit die Vergänglichkeit des Menschen dar. Auf ihren Gemälden ließen sie sogar Gevatter Tod mit Seifenblasen statt mit Sense auftreten und machten den garstigen Zeitgenossen damit gleich ein bisschen verspielter und sympathischer.
Auf den alten Bildern sieht das Seifenblasenpusten noch einigermaßen umständlich aus: Mit einem Strohhalm oder einer Pfeife wird da meistens nur eine einzige Kugel geblasen. Das Seifenwasser steht in einem Extranapf daneben.
Ein Schwabe erfand die Seifenblase 1948 ganz offiziell
Das änderte sich erst 1948. In Deutschland herrschte Hunger und Not, die Städte lagen nach dem Krieg in Schutt und Asche, und das Geld war nichts mehr wert. Der Tauschhandel blühte, und der Chemiker Dr. Rolf Hein experimentierte mit einem Waschmittel, das er bei den Bauern gegen Lebensmittel tauschen konnte.
Was er produzierte, taugte als Waschmittel nicht besonders – die Flüssigkeit schäumte viel zu stark. Also füllte der findige Chemiker sie in Fläschchen, versah sie mit einem Pustering und „erfand“ die Seifenblase erneut. Dieses Mal ganz offiziell – als „Pustefix„, der Seifenblasenlösung mit dem gelben Bären auf dem Behälter.
Seither werden die Seifenlösungen immer raffinierter; die gepusteten Blasen immer größer. Bernward Krämer etwa schloss 1996 fünf Erwachsene, zwei Kinder, einen Hamster und ein Meerschweinchen in einer Seifenblase ein und sicherte sich damit einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde.
Mittlerweile ist dieser Rekord längst überboten – momentan steht er bei vierundneunzig Menschen in einer Seifenblase.
Seifenblasen lassen sich hochstapeln und helfen gegen betrunkene Randalierer
Für solche Riesenblasen hat jeder Seifenblasenfan sein eigenes Rezept. Seifenblasenkünstler „Zyculus“, ein junger Zauberkünstler, der mit bürgerlichem Namen Markus Götz heißt und gerne mal ein Kaninchen aus dem Hut zaubert, hat eine ganz eigene und sehr faszinierende Art, mit den vergänglichen Blasen umzugehen: Er verwendet keine Hilfsmittel wie Ringe oder Pusteröhrchen und „zaubert“ sie einfach so aus der Luft.
„Da ist kein Trick dabei“, winkt der Künstler ab, teilt die Seifenblase in seiner Hand, holt noch ein paar aus der Luft, stapelt sie alle übereinander und baut damit ebenso vergängliche wie verblüffende Luftschlösser.
Verblüffend war auch die Idee der englischen Polizei: In der Vorweihnachtszeit 2008 verteilten die Ordnungshüter in Bolton Fläschchen mit Seifenblasenlösung an Betrunkene. Das sollte die torkelnden Stadtbewohner vom Randalieren abhalten und stattdessen Freude und Spieltrieb wecken. Ob die Maßnahme geholfen hat, weiß keiner so genau. Man setze aber große Hoffnungen in die skurrille Verbrechens-Präventivmaßnahme, immerhin seien die Lutscher, die im Jahr davor verteilt wurden, sehr erfolgreich gewesen, beteuerte der Oberordnungshüter gegenüber dem Spiegel.
Tipp: Seifenblasenlösung lässt sich leicht selbst herstellen – unter dem Stichwort „Seifenblasenrezepte“ finden sich im Netz zahlreiche Ideen. Wer sich das sparen möchte, ist mit der Fertiglösung von Pustefix auch gut bedient, zumindest für „normal große“ Blasen.