Königskerze: Schutz­pflanze, Hustenmittel, Lampen­docht

Die sagenumwobene Königskerze leuchtet Majestäten heim, schützt vor Alb­träu­men und schwarzer Magie, betäubt Fische und heilt ein traurig’ Herz.

Leuchtete dem König heim: Die Königskerze.

Einst pilgerte ein englischer König mit seinem Sohn nach Rom. Bei der Besichtigung der hei­li­gen Stadt leitete ein arglistiger Führer die bei­den immer tiefer in die unterirdischen Kata­kom­­ben. Als sie sich vollends verlaufen hat­ten, be­raubte der Führer die beiden und ließ sie allein. Hilflos irrten der König und sein Sohn durchs Dunkle.

Der Vater betete um Beistand, und plötz­lich leuchtete die Blume, die der Sohn zu­vor am Eingang zu den Katakomben gepflückt hat­te, in hellem Glanz, so dass der Kö­nig und sein Sohn den Rückweg fanden. Wie die bei­den englischen Pilger hießen, ist nicht über­­lie­­fert. Die Pflanze aber, die ihnen den Weg wies, heißt seither „Königskerze“.

Der Stängel der Königskerze wurde als Docht verwendet

So weit die Legende. Wahrscheinlicher ist, dass die Königskerze ihren Namen daher hat, dass der Stängel der Pflanze seit der Antike als Docht verwendet wurde. Auch die ganze Pflanze kam als Fackel zum Einsatz: Weil sie „brennet wie eine kertz“, empfahl der Botaniker Otto Brunfels im 15. Jahrhundert, die Königskerze mit „Hartz oder bech“ zu bestreichen und dann anzuzünden. Wer in der Mittsommernacht mit einer solchen Fackel durchs Dorf läuft, soll vor bösem Zauber beschützt sein.

Die Stängel der Königskerze dienten als Lampendocht.

Eine Menge weiterer Geschichten ranken sich um die hoch aufragende, gelb blühende Pflanze. Schon die Römer der Antike schätzten die Königskerze als Schutzpflanze. Sie waren aber auch der Ansicht, dass man sie, ähnlich wie die Alraune, nur mit einer spe­ziel­len Beschwörungsformel pflücken darf, weil sonst Unheil droht. In Bayern wurde die­ses Un­heil sogar klar benannt: Man war überzeugt, dass derjenige, der eine Königs­ker­ze ab­reißt, vom Blitz erschlagen wird.

Auch glaubte man, dass die Blume ihren Duft verliert, wenn ein Trauerzug an ihr vor­bei­zieht. Das war nicht weiter schlimm, denn viele waren (und sind) der Ansicht, dass die Königskerze ohnehin nicht duftet, sondern stinkt. Wuchs die Königskerze nach ei­nem To­des­fall vor dem Haus oder auf dem Grab des Verstorbenen, so war das kein be­son­ders gutes Zeichen, denn es hieß, der Tote leide im Fegefeuer und bitte um eine Pil­ger­fahrt für seine Seele.

Die „Unholdkerze“ – eine uralte Schutz- und Heilpflanze

Königskerze, beim Wandern am Leib getragen, sollte vor den Angriffen wilder Tiere schützen und dem Träger Mut geben. Das brachte ihr den Beinamen „Unholdkerze“ ein. Unters Kopfkissen gelegt sollte die Pflanze böse Träume vertreiben. Wurde ein An­ge­hö­riger schwer krank, so sollte man eine Königskerze nach Sonnenuntergang ge­gen Os­ten hin knicken und dabei bitten, sie möge die verlorene Gesundheit wiederbringen.

Königskerze
Macht was her: Als Solitärstaude setzt die Königskerze Akzente im (Bauern)Garten oder einfach am Wegrand.

In Indien gilt die Königskerze bis zum heutigen Tag als Schutz­pflanze gegen böse Geis­ter und schwarze Magie. In Europa wurde die Königskerze der Jungfrau Maria geweiht – noch heute gehört sie vielerorts zu den typischen Planzen jener Kräuterbu­schen, die bei der Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt geweiht werden und übers Jahr vor Unheil schützen. Die Königskerze steckt bei solchen Buschen immer in der Mitte und überragt die anderen Kräuter.

Schon früh wurde die Königskerze nicht nur als Schutz-, sondern auch als Heilpflanze geschätzt. Bereits Hippokrates empfahl sie zur Wundbehandlung und spätere Kräu­ter­kun­dige pflichteten ihm bei. Besonders, wenn die Jungfrau Maria in ihrer Gnade die Wir­kung der Pflanze noch verstärkte, sollte die Königskerze wahre Wunder wirken kön­nen. Selbst üble Wunden sollte die Pflanze zu heilen vermögen, wenn man damit die Ver­letzung berührte, dabei drei Kreuzzeichen machte und sprach: „Unsere liebe Frau geht übers Land, hat den Himmelsbrand in der Hand!“

Nach Carl von Linné sollen sich die Bettler des Mittelalters die wundheilende Wirkung der Königskerze zunutze gemacht haben. Diese hätten schädliche Hahnenfuß­ge­wäch­se auf die Haut aufgelegt, um hässliche Geschwüre entstehen zu las­sen, die das Mit­leid mildtätiger Menschen erwecken sollten, schreibt der Botaniker. Da­nach hät­ten sie die wunden Hautstellen mit Königskerzenblättern wieder geheilt.

Königskerze heilt Husten, hilft gegen „ein traurig‘ Herz“ und fängt Fische

Die Königskerze schützt vor schwarzer Magie und betäubt Fische. Hummeln offenbar nicht.

Jenseits allen Aberglaubens ist die Königskerze besonders als Hustenmittel bekannt. Sebastian Kneipp empfiehlt chronisch Verschnupften, Königskerzentee in die Nase zu ziehen um selbige freizubekommen. Die Schleimstoffe und Saponine in der Pflanze ma­chen Königskerzentee auch für die innerliche Anwendung interessant, besonders bei Reiz­husten. Die Schleimstoffe bilden einen Film, der den wunden Rachen beruhigt und den Hustenreiz mildert. Die Saponine wiederum lösen den Schleim; beides zu­sam­men wirkt entzündungshemmend. Königskerzenblüten sind bis heute ein beliebter Be­stand­teil von Hustentees.

Nicht wissenschaftlich belegt ist hingegen die positive Wirkung der Königskerze bei Tinnitus, Mittelohrentzündung, Wunden, Schwellungen oder Rheuma. Auch die stim­mungs­aufhellende Wirkung, die Hildegard von Bingen der Königskerze zuschrieb, ist nicht wissenschaftlich belegt. Die kräuterkundige Benediktinerin verordnete die Pflan­ze bei einem traurigen Herzen: „Wer ein schwaches und trauriges Herz hat, soll Kö­nigs­ker­ze mit Kuchen essen, dann wird sein Herz gekräftigt und wieder freudig wer­den“, schrieb sie. Ob das tatsächlich hilft, ist nicht bewiesen. Doch immerhin – wenn die Kö­nigs­kerze die Laune nicht hebt, so tut es vielleicht der Kuchen.

Die Königskerze ist eine vielseitige Heilpflanze, die zu unterschiedlichsten Zwecken eingesetzt wurde. Wofür verwendete man sie NICHT?

Als Betäubungsmittel für Fische.

Als Abtreibungsmittel.

Als Lampendocht und Fackel.

Kleiner Tipp: Die korrekte Antwort finden Sie im Beitrag auf dieser Seite

Ebenfalls nicht bewiesen ist die Empfehlung, die Aristoteles gab: Er riet dazu, Königs­ker­zen­samen in Fischgewässer zu streuen – die in den Samen enthaltenen Sa­po­ni­ne soll­ten die Fische betäuben und so den Fischfang erleichtern. Bei all den vie­len Wir­kun­gen und Einsatzmöglichkeiten, die der sagenumwobenen Königskerze zu­ge­schrie­ben wer­den, wird eine oft übersehen: Die Königskerze ist ausgesprochen deko­ra­tiv und macht sich sehr gut im Blumenbeet.

Wer sich die majestätische Pflanze in den eigenen Garten holen möchte, findet hier Königskerzen-Samen bzw. Königskerzen-Stauden. Die Pflanze bevorzugt trockene, sonnige Standorte, wird an guten Plätzen bis zu zwei Meter hoch und stellt wenig Ansprüche an den Boden. Je nach Sorte ist die Königskerze ein-, zwei- oder mehrjährig. An geeigneten Standorten sät sie sich selbst aus und kommt immer wieder.

 

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