Pferde nach Farben zu züchten ist nicht immer nur ein modischer Spleen. Manche Farbwahl hat historische Wurzeln und sehr gute Gründe.
Das kleine Schwarze oder lieber das auffällig Getupfte? Der Dichter Rudolf G. Binding wusste ganz genau, was chic ist und gab 1924 in seiner „Reitvorschrift für eine Geliebte“ eine eindeutige Empfehlung:
„Einer edlen Frau stehen keine auffälligen Pferde an. Reite Pferde, die dir anstehen. Du magst dein Gewand reich, für gewisse Gelegenheit prachtvoll wählen, aber du wirst es nicht auffällig wählen. Wie dein Reitkleid einfarbig sein soll, so soll auch dein Pferd einfarbig sein.
Lass bunte Pferde, Füchse mit Blessen und viel Weiß an den Beinen Koketten und Kokotten. Du reite Pferde von einem tiefen Braun, Schwarzbraun, Rot oder Gold.“
Die gescheckten Tinker wurden nicht konfisziert
Noch heute spalten Pferde mit großen, weißen Abzeichen und großgefleckte Schecken wie der Tinker die Gemüter. Für die einen sind sie der Inbegriff der Ästhetik, die andern halten es mit Binding und spotten über die „Reitkühe“. Dabei haben gerade Tinker ihre Flecken aus einem guten, historisch nachvollziehbaren Grund.
In ihrer irischen Heimat waren gescheckte Pferde früher günstig zu bekommen, da sie nicht den Schönheitsidealen der etablierten Pferdezüchter entsprachen. Auch das Militär verzichtete in Kriegszeiten für gewöhnlich auf die Konfiszierung der bunten Pferde. Sie passten einfach nicht zu den Uniformen.
Für die irischen Fahrensleute, die „Traveller“, war diese militärische Eitelkeit ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Zudem waren die Pferde durch ihre individuelle Zeichnung leicht zu erkennen, wenn es jemand mit dem Eigentum nicht so genau nahm, und ein Tier abhanden kam.
Schwarze Mérens für Schmuggler und goldene Vollblüter vom trotzigen Grafen
Die französischen Schmuggler bevorzugten ihre Pferde hingegen einfarbig und möglichst dunkel. Ihre Vorliebe für das rein schwarze oder dunkelbraune Mérens-Pony war mehr als ein modischer Spleen, denn die illegalen Schmuggeltouren fanden nachts und klammheimlich statt. Die Wahrscheinlichkeit, mit einem dunklen Pferd aufzufallen und erwischt zu werden, war weit geringer als mit einem Schimmel oder Schecken.
Alles gute Gründe, doch manchmal entsteht eine Farbzucht auch aus reinem Trotz. Als im Vollblutgestüt Ostrov in Russland ein isabellfarbenes Stutfohlen zur Welt kam, wurde dem Besitzer, Graf Kinsky, die Eintragung ins General Stud Book verweigert. Zu ungewöhnlich sei die Fellfarbe, das Pedigree müsse gefälscht sein, bekam er zu hören. Pikiert zog Graf Kinsky ab, legte ein eigenes Stutbuch an und züchtete mit ausgezeichnetem Erfolg goldfarbene Vollblüter.
Römer, Germanen und Mongolen – sie alle schätzten Schimmel besonders
Unter allen Pferdefarben nimmt der Schimmel eine Ausnahmeposition ein. Die Vorliebe für blütenweiße Pferde findet sich in zahlreichen und ganz verschiedenen Kulturen. Bei den Römern war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Wagen bei Triumphzügen zu Ehren ihrer Kaiser nur von Schimmeln gezogen werden durften. Schon früh entstanden daher in Süditalien und Sizilien Farbzuchten. Und wenn es nicht genügend Schimmel im eigenen Land gab, erinnerte man sich an seine Nachbarn und raubte, was gebraucht wurde, vorzugsweise von den Germanen.
Die göttergläubigen Germanenstämme besaßen immer Schimmel. Allerdings waren diese für heiligere Zwecke gedacht als für einen lauten Triumphzug durch Rom. Germanische Priesterinnen umsorgten Schimmel in heiligen Hainen und deuteten ihr Wiehern und Schnauben während der Stammesgerichtsbarkeit als Wink der Götter.
Die schimmlige Vorliebe zieht sich wie ein weißer Faden durch die Geschichte. Feldherr Napoleon ritt ausschließlich Schimmel, die arabischen Fürsten schätzten Schimmel mit dunkler Haut und schwarzen Hufen als Paradepferde, schon König Salomo züchtete gezielt Schimmel und Dschingis-Khan soll 10.000 der begehrten weißen Pferde besessen haben.
In vielen Völkern galten Farben und Abzeichen als Glückssymbol oder schlechtes Omen. Auch im aufgeklärten 21. Jahrhundert spielen sie – wenn auch meistens unterbewusst – noch eine Rolle bei der Auswahl eines Pferdes, und Rassen wie Haflinger, Friesen und Schwarzwälder Füchse sind bis heute Farbzuchten mit eindeutig definierten Farbstandards. Einen alten Reiterspruch sollten Pferdekäufer aber nie vergessen: Ein gutes Pferd hat keine Farbe.
Lust auf bunte Pferde? Lassen Sie sich von diesen Büchern insiprieren:
Knabstrupper: Gefleckte Fürstenpferde
Die Knabstrupper gehören zu einer vom Aussterben bedrohten Pferderasse, die weltweit nur noch mit wenigen Tieren vertreten ist. Doch die Rasse wurde in den letzten Jahren vermehrt von vielen Freizeitreitern neu entdeckt, die sich auf den Erhalt und der Rekonstruktion dieser einst begehrte Fürstenpferde verschrieben haben. In diesem Buch wird ausführlich auf die Geschichte dieser Pferde eingegangen, sowie verschiedene Hengstlinien genauer beleuchten. Außerdem wird auf den Charakter und das Exterieur eingegangen und der Leser erhält nützliche Tipps für den Kauf eines Knabstruppers.
Goldene Pferde: Die legendären Achal-Tekkiner
Die über 2000 Jahre alte Rasse der russischen Achal-Tekkiner ist wahrhaft legendär. Das golden glänzende Fell, die unübertroffene Schnelligkeit, unglaubliche Ausdauer und die bedingungslose Treue zu ihren Reitern kennzeichnen diese Pferde, die zu den edelsten der Welt gehören. Dieser Bildband fängt die Schönheit und das Wesen der goldenen Pferde in außergewöhnlichen Fotos ein und beschreibt die Geschichte, Zucht und die ganz besonderen Eigenschaften der Rasse.
Irlands bunte Pferde: Tinker, Irish Cob, Gypsy Horse - gestern und heute
Tinker-Pferde aus Irland begeistern seit Jahrzehnten die Freizeitreiter. Sie sind cool gescheckt, gut gelaunt und robust - eben echte Kumpel. Mittlerweile werden sie unter verschiedenen Namen, wie Irish Cob oder Gypsy Vanner, in fast allen europäischen Ländern gezüchtet. Martin Haller hat jahrelang in Irland gelebt und kennt die sympathische Rasse aus eigener Anschauung. In diesem Buch beschreibt er Herkunft, Eigenschaften und Verwendung der bunten Iren.
Tirols blonde Pferde: Haflinger ein Rasseporträt
Haflinger – das sind die anmutigen Füchse mit der flachsfarbenen Mähne, den kleinen Ohren und dem freundlichen Wesen, die aus der heutigen Pferdezucht nicht mehr wegzudenken sind. Längst überfällig war dieser Bildband, der die sympathische Rasse porträtiert und gleichzeitig viel Wissenswertes über das Pferd aus den Südtiroler Alpen vermittelt. Als vielseitiges Familien- und Freizeitpferd wird der Haflinger geschätzt, ebenso jedoch als verlässlicher und leistungsbereiter Sportkamerad für viele Disziplinen unter dem Sattel und im Gespann.
Tinker Ponys: Irlands coole Schecken
Bei uns sind Tinker Ponys in den letzten Jahren sehr begehrt geworden, wohl zunächst wegen ihrer auffälligen Fellzeichnung. Tinker Ponys sind die idealen Freizeitpferde: Vom Charakter her gutmütig, gelassen, und klug. Das sind die besten Voraussetzungen für Anfänger- Freizeit- und Therapiepferde. Dieses Buch gibt einen soliden Überblick über die Herkunft der Tinker Ponys und vor allem Ratschläge, wie diese Pferde behandelt und gehalten werden müssen, damit sie ihre sympathischen Eigenschaften erhalten.
Friesenpferde: Reiten, Fahren, Halten
Die Friesenpferde haben ihren Siegeszug durch Europa erfolgreich absolviert. Waren sie früher reine Kutschpferde, sind sie heute als Reitpferd beliebt und eng mit der Barockreitszene verbunden. Die „schwarzen Perlen Frieslands“ bestechen durch ihre majestätische Ausstrahlung und ihre Menschenfreundlichkeit. In diesem Buch erfahren Sie alles über ihre Geschichte, deren Verwendung als Fahr- und Reitpferd, und bekommen wichtige Haltungs- und Pflegehinweise.
More Than Color: Paint Horse Legends
More than Color - Paint Horse Legends features the stories of 20 of the breed's greatest foundation stallions, mares and geldings, as told by the pioneering men and women who know them best. This is the most comprehensive biographical study ever written on famous Paint Horses and contains over 30 full-color and over 200 black-and-white photos. It is a fitting tribute to one of the most popular equine breeds in existence - and one that can truly be called the "Sports Model of the Horse World." (Englische Ausgabe!)